
Kaum jemand kennt die Aufgaben von einem Inkassosachbearbeiter. Diese sind in der Praxis vielfältig und abwechslungsreich und bedürfen – auch wegen der hohen Abwechslungsdichte – fundierte Kenntnisse in zahlreichen Bereichen des Rechtes und der unternehmensinternen Prozesse. Nicht zuletzt benötigt ein Inkassosachbearbeiter neben einer guten Kommunikationsfähigkeit auch ein mental oftmals „dickes Fell“ und starke Nerven.
In diesem Beitrag stellen wir Ihnen die verschiedenen Aufgaben des Sachbearbeiters in einem Inkassounternehmen am Beispiel unseres Hauses vor. Vielleicht wird so auch mal die sprichwörtliche Lanze für die Mitarbeiter gebrochen und Verständnis für diese erzeugt.
Lassen Sie sich allerdings zum Berufsbild eines Inkassosachbearbeiter nicht durch inhaltlich grenzwertige Quellen beirren oder täuschen, denn es gibt schon wirklich viel Schwachsinn in der öffentlich und online für jeden frei zugänglichen Medienlandschaft. Sogar die Bundesgantur für Arbeit in Ihrem Berufnet↗ stellt das Berufsbild inhaltlich so abwegig dar, dass sich einem fachlich versierten Sachbearbeiter sprichwörtlich die Fußnägel hochrollen dürften.
Beispiel eines normalen Tagesablaufes
Der Inkassosachbearbeiter übernimmt in der alltäglichen Praxis der Forderungsbeitreibung eine Vielzahl von Aufgaben, die im täglichen Arbeitsablauf eines Inkassounternehmens ständig anfallen. Dazu gehören sowohl der telefonische Kontakt mit Schuldnern und Vollstreckungsorganen auf deren Initiative, als auch die eigenverantwortliche Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen sowie die Kontaktaufnahme zu Schuldnern im außergerichtlichen Bereich zur Beitreibung der konkreten Forderungen des Auftraggebers. Dabei sind zur Bewältigung dieser Aufgaben fundierte Kenntnisse im Recht und den unternehmensinternen Prozessen erforderlich.
Der Tag beginnt – bei uns innerhalb einer intern festgelegten Kernarbeitszeit – für den Inkassosachbearbeiter mit dem Hochfahren aller tagtäglich verwendeten technischen Geräte und Programme. Dabei sichtet er bereits die Emailpostfächer und beginnt mit der konkreten Bearbeitung eingegangener Emails, sofern diese nicht aufgrund interner spezieller Zuständigkeit in das Postfach des zuständigen Kollegen weitergeleitet werden muss. Die durch unser Haus verwendete Inkassosoftware verteilt im Rahmen der Abbildung von sogenannten Wiedervorlagen zusätzlich weitere Aufgaben an freie Sachbearbeiter bezogen auf die Forderungsbeitreibung zu bereits aktiven Forderungsfällen, die unser Unternehmen auftragsgemäß beitreibt.
Parallell dazu nimmt der Inkassosachbearbeiter eingehende Anrufe von Schuldnern, Schuldnervertretern oder Behörden entgegen und bearbeitet diese je nach Inhalt dieser Telefonate selbst oder leitet den Anruf an den konkret zuständigen Kollegen weiter.
Im konkreten stellen sich die Aufgaben wie folgt dar:
Auskünfte durch den Inkassosachbearbeiter
Anrufer mit Bezug zu einer Forderungssache erhalten allgemeine Auskünfte dazu. Unsere Sachbearbeiter haben das fachlich-rechtliche Fachwissen im Inkassorecht um diese Fälle angemessen und richtig zu bearbeiten, dürfen darüber hinaus allerdings aufgrund der Vertragsbeziehung zum Auftraggeber (Treuepflicht als vertragliche Nebenpflicht) und aufgrund rechtlicher Grenzen des Rechtsdienstleistungsgesetzes und der Rechtsprechung keine rechtliche Beratung zu konkreten Einzelfragen der Forderungsbeitreibung in Bezug auf eine konkret betroffene Forderung erbringen.
Umsetzung interner Prozesse
Unsere Sachbearbeiter setzen in jeder Hinsicht die internen Vorgaben und Prozesse um, die Ihnen durch Vorgesetzte, aber durch das Gesetz vorgegeben sind. Dahingehend sind sie in allen Bereichen der Forderungsbeitreibung aktiv involviert.
Vor der eigentlichen Forderungsbeitreibung führen Sie die rechtliche Prüfung zur Forderung durch, um sicher zu stellen, dass nur rechtmäßige Forderungen überhaupt in das System zur Beitreibung überführt werden.
Außergerichtlich schreiben sie anschließend Schuldner an, telefonieren mit Ihnen und schließen Vereinbarungen mit Ihnen ab. Gerichtlich pflegen Sie die Daten und Formulare des zentralen Mahngerichtes zum gerichtlichen Mahnverfahren ein und in der Zwangsvollstreckung erstellen Sie Vollstreckungsaufträge oder Anträge zum Erlass von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen um final die Zahlungseingänge der Schuldnersphäre zu überwachen und den Forderungsfall bei vollständiger Erfüllung auszubuchen.
Sollte eine Forderung aus einem gerichtlichen Titel aktuell nicht vollstreckt werden können, so wird dieser Forderungsfall in die sogenannte Langzeitüberwachung überführt und in intern vorgegebenen Zeiträumen nachermittelt und mit neuerlichen Vollstreckungsversuchen fortgeführt.
Bürotätigkeiten
Tagtäglich fallen neben etwa durchschnittlich 400 Emails und 200 Anrufen auch etwa 2 – 3 volle Postkisten an Briefpost an. All dies bewältigen unser Inkassosachbearbeiter jeden Tag.
Die Briefpost muss digitalisiert und der betroffenen Akte zugeordnet werden, die Anrufe angenommen und in der betroffenen Akte dokumentiert werden und die eingegangen Emails müssen ebenfalls in die betroffene Akte eingespielt und dort gespeichert werden. Erst anschließend wird sich bei jedem dieser drei werktäglich anfallenden Aufgaben überhaupt inhaltlich mit den eingegangenen Inhalten von Emails, Anrufen und Briefpost fachlich auseinandergesetzt.
Prüfung von Beschwerden
Als Hauptansprechstellen unseres Unternehmens gehen zumeist auch Beschwerden von Schuldnern zu konkreten Forderungen bei unseren Inkassosachbearbeitern ein. Diese führen dann eine inhaltliche Kurzprüfung zu den Inhalten der Beschwerde durch und lösen das interne Beschwerdemanagement unseres Hauses aus. Dadurch wird in einfachen Fällen die Beschwerde oftmals sofort gelöst oder andernfalls an den korrekten internen Mitarbeiter weitergeleitet.
Tabellenanmeldung bei Insolvenz des Schuldners
In manchen Forderungsfällen stellt sich heraus, dass der Schuldner sich entweder bereits in einem Privatinsolvenzverfahren befindet oder kurz vor einem solchen Verfahren steht. Im Rahmen von Schuldnenbereinigungsplänen vertreten wir durch unserre Sachbearbeiter den Gläubiger und melden wenn sich die Insolvenz des Schuldners nicht vermeiden lässt, die offene Forderung zur insolvenzrechtlichen Tabelle an.
Korrespondenz mit Betreuern, Schuldnervertretern und Dritten
Die Inkassosachbearbeiter korrespondieren auch ständig mit Schuldnervertretern, sowie mit verbraucherschützenden Stellen. In manchen Fällen sogar mit gesetzlich bestellten Betreuern von Schuldnern. Dabei ist in jedem Einzelfall jeweils gesondert zunächst der entsprechende Sachverhalt zu prüfen und anschließend anhand der Argumenten und Nachweisen, die entsprechende Stellen eingereicht haben Entscheidungen zu treffen. Dazu bedarf es manchmal Rücksprache in der Fachabteilung oder bei Auftraggeber, in den meisten Fällen treffen unsere Sachbearbeiter allerdings eigenständig – wenn auch an internen Richtlinien orientiert – Entscheidungen und dokumentieren diese begründet in der entsprechenden Akte.
Datenschutz
Neben dem praktisch gelebten Datenschutz, sind unsere Sachbearbeiter bei der Auswertung von Eingangspost, Emails und Anrufen auch zuständig für darin enthaltene datenschutzrechtliche Anfragen und datenschutzrechtliche Rechte Betroffener von den durch unser Haus verarbeiteten personenbezogenen Daten.
Fazit
Die Tätigkeiten unserer Sachbearbeiter sind vielfältig und abwechslungsreich. Es wird ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit bei den Sachbearbeitern tagtäglich abverlangt. Sie müssen sich in der Praxis leider zusätzlich gelegentlich mit unsachlichen Eingaben von Schuldnern und / oder Anfeindungen von Schuldnern auseinandersetzen und brauchen schon auch deshalb nicht nur erhöhte Kommunikationsfähigkeiten, sondern zusätzlich auch ein starkes Nervenkostüm und das sprichwörtliche „dicke Fell„.
Dennoch macht Ihnen Ihre Tätigkeit sehr viel Freude.
Vielleicht liest der eine oder andere Schuldner diesen Beitrag und versetzt sich einmal in die Lage unserer Sachbearbeiter – gegenseitiges Verständnis und gegenseitiger Respekt führen denklogisch praktisch zu häufig besseren Ergebnissen, oder?